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1451
Laut Überlieferung wurde in Horn 1651 eine Schule mit dem Namen "Schule thom Horne" gegründet. Der Unterricht fand vermutlich im Hause des Küsters statt. 

1700
Das erste Schulgebäude ist um 1700 entstanden. Im Katasterplan von 1831 ist die Schule zwischen dem Landgut Schünemann und der Kirche eingezeichnet. Als dieses Gebäude nicht mehr ausreichte, wurde auch die alte Schmiede an der Horner Heerstrasse Nr. 15 und das Haus des Landwirts Rotermund (Riensberger Str.106) genutzt

1866
Im April 1866 wurde in der Berckstraße, dort wo jetzt das Ortsamt steht, die "neue"  vierklassige "Schule in Horn-Lehe" (Bild 1) in Betrieb genommen. Erster Schulleiter war der "Oberlehrer Specht", der in der Schule wohnte und zur Aufbesserung seines Gehalts Landwirtschaft betrieb, die ihm von der Kirchengemeinde auf dem Pastorenland überlassen worden war. In einem Stallgebäude hielt er eine Kuh, einen Esel, ein Schwein und Geflügel. 

1900
Um die Jahrhundertwende wurde die vierklassige Schule erneut zu klein. 1900 erfolgte der Bau des Hintergebäudes im früheren Garten des Schulleiters (Bild 3) mit zwei weiteren Klassen und einem Lehrerzimmer.

1906
war die Bevölkerung Horn-Lehes erneut gewachsen; in den Sommerferien 1908 begann man den Schulanbau aufzustocken und einen Toilettenanlage zu errichten.. 

1920
Nach dem ersten Weltkrieg stieg die Bevölkerung erneut sprunghaft an: Eine neue neunte Klasse musste im Konfirmationssaal des Pfarrhauses unterrichtet werden. Weitere Klassen wurden im Mädchenwaisenhaus an der Horner Heerstrasse (jetzige Grundschule) unterrichtet.

1921
wird Bremen eingemeindet.  Die Horner Schule umfasste neun Klassen mit etwa 360 Schülern. 1929 zogen die Lehrer und die Schüler in die neue Schule an der Horner Heerstraße.

1929
Zu Ostern sollte die Schule insgesamt in das Gebäude des Mädchenwaisenhauses, dass von der Stadt aufgekauft worden war, umziehen. Durch die Unvorsichtigkeit bei Schweißarbeiten entstand am 22. Februar ein Grossbrand, der der den Dachstuhl und des Turm des Gebäudes zerstörte. Am 1. April zogen zunächst 9 Klassen in das Gebäude um. Die Einweihungsfeier fand am 8. April 1929 statt. In der alten Schule wurden zunächst Notwohnungen eingerichtet, die erst 1956 mit dem Abriss und Umbau zum Ortsamt geräumt wurden.

1933
Während des Nationalsozialismus  Zwang zu Luftschutzübungen, nationalsozialistischem Unterricht, Winterhilfswerk, endlose Sammlungen, Ahnenkunde und Vererbungslehre.

1938
Die Turnhalle wird beschlagnahmt und als Getreidelager eingerichtet.

1939/40
Die Heizungsanlage der Schule ist beschädigt. Die Schüler werden an der Schule in der Schwachhauser Heerstraße unterrichtet. Die Unterrichtszeit ist von 14:00 bis 18:0 Uhr.

1940
Zahlreiche Klassen werden nach Hohenstein-Ernstthal in Sachsen evakuiert. Die Horner Schule wird  geschlossen. Die freien Klassenräume werden von Bremer Behörden genutzt; In den letzten Kriegsjahren war die Schule ein ein Kommandostützpunkt der Flugabwehr, die auf dem Turmstumpf einen Flak- und Beobachtungsstand errichtet.

1946
Die Schule muss auch die Schüler der völlig zerstörten Schwachhauser Schule aufnehmen. 13 Jahre Schichtunterricht waren die Folge.
Zeitweise wurde auch die Sonderschule an der Schwachhauser Heerstrasse, die Hauswirtschaftsschule für Mädchen und die Sonderschule für Sehbehinderte in dem Gebäude untergebracht.Segelken (Small).jpg (38099 Byte)

1950
hatte die Schule die vermutlich höchste Schülerzahl  mit 19 Klassen und 849 Schülern. 1974 zogen die Klassen 5 bis zehn in die neue Schule am Vorkampsweg.

Die bekannteste Lehrerin war Elisabeth Segelken (Bild rechts). In ihren 1961 veröffentlichten "Erinnerungen einer alten Lehrerein" berichtet sie über ihre Tätigkeit (1913-1953) in der Horner "Landschule": 


Die Schule
Das Schulhaus war einstöckig und hatte im linken Flügel vier Klassenräume; im rechten Querflügel befand sich die Wohnung des Schulvorstehers. Vor der Schule befand sich der Schulhof, links für Jungen, rechts für die Mädchen, in der Mitte getrennt durch eine Lindenallee. Aus den leeren Klassen schlug einem eine eigentümliche Atmosphäre entgegen, ein wenig muffig, verstaubt und moderig. Dahinter befand sich der "Neubau", den die Horner Zigarrenfabrik nannten. Welch ein Kontrast zwischen der modernen Stadtschule mit großen Sälen,  hellen Klassen und einem schönen Konferenzzimmer und einer kleinen Dorfschule. Das Konferenzzimmer (Lehrerzimmer) war sehr klein. Für die acht Lehrkräfte standen nur vier Stühle zur Verfügung; da zwei Lehrkräfte Aufsicht führten, mussten zwei Lehrkräfte während der pausen stehen oder auf der Tischkante sitzen.  Trotzdem liebte "Fräulein Segelken" die kleine Landschule mit ihrer Vertrautheit, Schlichtheit und Heimatlichkeit, eingebettet zwischen Wiesen und der kleinen Wümme auf der anderen Seite der Berckstraße. 

Auch in anderen Dingen unterschied sich die Landschule von der Stadtschule: Im Sommer begann der Unterricht bereits um 7.00 Uhr, es gab 14 Tage Kartoffelferien dafür aber nur vier Wochen Sommerferien. 

Die Schule unterstand der Gemeinde; das Gehalt zahlte der Gemeindevorsteher in der Gastwirtschaft Bremer neben der Horner Kirche aus. Auch wenn es zunächst befremdlich war, wurde der persönliche Kontakt und die freundlichen Worte, die bei der Auszahlung gewechselt wurden geschätzt, so dass es nach dem offiziellen Teil der Gehaltsauszahlung noch ein gemütliches Beisammensein gab.

Gereinigt wurde die Schule von einer alten Frau und ihrem behinderten Sohn "Hinnie"; sie sorgten auch für Wärme, indem sie die großen Öfen in den Klassenräumen vor Unterrichtsbeginn heizten. Die Öfen heizten großartig, sie strahlten Wärme aus und sorgten durch die schlecht isolierten Fenster für einen ständigen unangenehmen Luftstrom im Klassenraum.

Im Sommer vernahm man wenn die Kinder still schrieben, ein leises Knabbern und Rascheln von Mäusen, die ihr heim hinter den Öfen aufgeschlagen hatten. Einmal gelang es einem Schüler eine Maus mit der bloßen Hand zu fangen. Nicht nur die Mäuse waren Gast in der Dorfschule, ab und an watschelten auch bis zu 5 Enten aus dem Graben hinter der Schule durch die Klassenräume und hinterließen ihre Spuren auf dem Holzfußböden.  


Die Vorstellung

Bei der Vorstellung war der Schulvorsteher Steding  zunächst enttäuscht und sagte : "Tscha, Fräulein, ich wollt' ja 'nen Lehrer haben. Was soll ich mit einer Lehrerin?", lenkte jedoch ein: "Ich kenn doch Vadder, wenn Sie auch so wie er Disziplin halten können, können wir es ja mal versuchen,"


Der erste Morgen in der Horner Schule.

Eine Landschule hat Tradition, hat lang eingepflanzte Gesetze, gegen die ich, gewohnt, schnell und frei zu handeln, ohne zu ahnen, gleich am ersten Morgen verstieß.

Wie konnte ich ein Mädel auf einen freien Platz neben einen Jungen setzen! Entsetzen auf beiden Seiten. Der Junge rutscht nach links, das Mädel nach rechts. Beide fallen ungefähr von der Bank, um genügend Abstand voneinander zu haben.

Das Mädel fängt an zu weinen, weil ich die beiden zwinge, empört über so viel Albernheit, so zu sitzen, wie es sich für Schulkinder gehört. Sie gehorchen widerwillig. Ich hatte meinen Willen, aber ich merkte, die Klasse war nicht mit mir zufrieden.

Da kam der zweite Stein des Anstoßes: Ich musste die Kinder nach ihren Zeugnissen setzen, denn damals gab es noch Klassenplätze. Also ich: Oben angefangen: Die erste, die zweite usw. Zuletzt bleibt ein Mädchen über: „Ich muss obenan sitzen. Wer sitzen geblieben ist, kommt obenan." Mit dieser Logik konnte ich nun nicht fertig werden. Und ich setzte wieder meinen Willen durch und zwang das Mädel, das sich mir widersetzte, mit energischem Zupacken dahin, wo es hingehörte. Ja — ich hatte meinen Willen — aber das unausgesprochene Urteil der ganzen Klasse hatte ich auch: „Die ist streng."

Auch damals ging es nicht ohne Disziplinschwierigkeiten ab. Bis in die 50er Jahre hinein war der Rohrstock ein "Erziehungsmittel" der Lehrkraft. Meist wurde die Strafe widerspruchslos akzeptiert, doch kam es auch vor, dass die Lehrkraft den Schüler trotz heftigstem Widerstand aus der hölzernen Schulbank zerren musste. Heute ein undenkbares Vorgehen, auch wenn ein Schüler nach Jahren gesagt haben soll: "Fräulein Segelken, Sie haben sich prima benommen. Die ganze Klasse hat gewartet, ob sie es fertig brächten und - Sie haben es fertig gebracht.".   

Ein anderer Lehrer war Meier, genannt "Meier-Horn". Mit ein paar Haarstränen versuchte der die Glatze auf seinem Gelehrtenkopf zu verstecken. Sein anspruchsloses Äußeres und seine Gleichgültigkeit gegen seine Erscheinung verbargen einen beschlagenen Geist, der sich mit Philosophie, Psychologie und der Literatur des Sozialismus auseinander setzte, was ihn gegenüber anderen Lehrkräften zu  zu martialischen oder weltanschaulichen Aussagen wie "Wir wollen einen Schnaps verlöten, wir wollen unsern Zaren töten, .." oder "Was ist der Krieg? Ein Kampf um den Futtertrog!" veranlasste. Auch er beliebt bei den Kindern. Wurde er gereizt, ging er schnaubend zum Graben hinter der Schule um eine Weidengerten zu schneiden. Er pfiff damit durch die Luft, drohte, aber tat den Kindern nichts.


Im Februar 1945, mitten im letzten Zusammenbruch, floh ich ganz allein mit 22 Kindern vor dem drohenden Vormarsch der Russen. Wie durch ein Wunder landeten wir glücklich in Bremen. In meinem Büchlein: „Wolken, die vorüberzogen" habe ich den schwersten Einsatz meines Lehrerberufes erzählt, so will ich dies Kapitel hier überschlagen. Friede! Friede? Besatzung — Beschlagnahme der Wohnungen, Hunger, Kälte in den Jahren 1945/46.
Im Jahre 1946 Beginn der Schule in kalten Klassen, Unterricht in Mänteln — schreckliche Jahre. Dann wieder „einigermaßen" normale Zustände.

Nach: Elisabeth Segelken, Erinnerungen einer alten Lehrerin, Bremen, 1961

 

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